
Im Rahmen der Vorberichterstattung auf den Ironman Maastricht-Limburg unterhielt sich die tritime-Redaktion heute nachmittag mit Yvonne van Vlerken. Das Interview endete jedoch mit einer faustdicken Überraschung.
Was bedeutet für Dich die Teilnahme beim ersten Ironman in den Niederlanden?
Ein Start in meinem Heimatland bedeutet mir unheimlich viel. Als ich von diesem Wettkampf erfahren hatte, war mir sofort klar, dass ich dabei sein möchte. Eine Premiere ist immer etwas Besonderes, und in den Niederlanden muss ich natürlich an der Startlinie stehen. Durch das Rennen konnte ich in den letzten Wochen viel Werbung für unseren schönen Sport machen. So war ich zum Beispiel bei zwei niederländischen Fernsehprogrammen zu sehen. Besonders hat es mich gefreut, dass mir beim beliebten „Hart van Nederland“ zwei Milionen Zuschauer zugeschaut haben. Ich hoffe, dass dadurch der Triathlonsport in meiner Heimat ein wenig mehr Zulauf bekommt und bekannter wird. Ich für meinen Teil habe mich dafür mächtig ins Zeug gelegt.
Mit welcher Erwartungshaltung gehst Du in das Rennen? Insbesondere vor dem Hintergrund, dass Du erst vor drei Wochen in Roth mit einer hervorragenden Leistung gewonnen hast.
Ich fahre am Mittwoch nach Holland, um zu gewinnen. Davon träume ich schon das ganze Jahr, und wenn alles normal verläuft, werde ich das auch! Der Grund ist ganz einfach: ich möchte es von allen Starterinnen am allermeisten! Von dem Challenge Roth habe ich mich wahnsinnig gut erholt. Ich behaupte sogar, dass ich mindestens gleich gut drauf bin, wenn nicht sogar besser. Heute absolvierte ich meine letzte harte Einheit, und ich muss sagen, dass ich nur so geflogen bin, anders kann man das gar nicht nennen. Ich bin mir sicher, die Aufregung vor dem Rennen in der Heimat tut ihr übriges, zumal alle da sein werden, unsere Familien, Freunde, Fans und alle Zuschauer. Oh mein Gott, mir kommen gleich die Tränen ….
Und welche Damen sind Deine größten Konkurrentinnen im Kampf um den Premierensieg?
Auf Corinne Abraham muss ich am meisten aufpassen. Sie ist eine ganz Schnelle und hat mir 2013 beim Ironman Melbourne den Sieg „genommen“ und dort auch Caroline Steffen hinter sich gelassen. Leicht wird es nicht, aber ich genieße den Heimvorteil!
Hast Du nicht Sorge, dass Dich dieses Rennen hinsichtlich der Vorbereitung auf Deinen Saisonhöhepunkt in Kona nicht zu sehr beeinträchtigen wird?
Die Quali für Kona habe ich ja seit längerer Zeit schon in der Tasche. Obwohl die Saison bislang sehr, sehr gut läuft, werde ich in diesem Jahr jedoch ausnahmsweise einmal nicht bei den Ironman World Championship in Kona starten! Wenn man dort vorne landen möchte, verlangt das Rennen in Hawaii eine 100-prozentige Aufmerksamkeitig und oberste Priorität. Und dieses kann ich in diesem Jahr leider nicht leisten! Ich möchte nur dann in Kona starten, wenn ich auch eine realistische Chance auf eine Top-5-Platzierung habe. Dass ich das Zeug dazu habe, konnte ich mit meinem zweiten Platz beim Ironman Melbourne und dem Sieg beim Challenge Roth unter Beweis stellen. Wenn dann jetzt noch ein Erfolg in Maastricht hinzukommt, bin ich überglücklich und habe meine Hauptziele für dieses Jahr schon erreicht.
Das ist in der Tat eine riesengroße Überraschung, mit der wohl niemand gerechnet hat. Wenn Du in diesem Jahr ganz bewusst Kona auslässt, stehen sicherlich schon die Planungen für das Projekt Kona 2016, oder?
Mein Partner Per Bittner und ich starten ja bekanntlich bei fast allen Rennen zusammen. Per hat in diesem Jahr einen riesen Sprung nach vorne gemacht, aber um ganz vorne mitmischen zu können, benötigt er noch ein weiteres Jahr. Und somit werden wir in den nächsten Wochen und Monaten gemeinsam unseren Fokus zu 100 Prozent auf Kona 2016 legen. Wenn wir etwas machen, dann machen wir es richtig, und das bedeutet, dass wir im Winter fünf Monate in Australien trainieren und insbesondere an unserer Schwimmperformance arbeiten werden. Zwischen April und Ende Juli legen wir eine kurze europäische Saison ein, um danach bei meiner Trainerin Siri Lindley in der Höhe von Boulder zwei weitere Monate hart arbeiten werden. Und dann hoffen wir, dass die beiden Rennpferdchen van Vlerken und Bittner auf Big Island explodieren, um auf dem Rad das Feld auseinander zu reißen. Und genau das müssen wir tun, um in Kona 2016 vorne mitspielen zu können.
Letzte Frage: Sind Deine Eltern wieder vor Ort?
Meine Eltern sind fast überall dabei, und diesmal freuen sie sich, dass die Anreise nicht ganz so weit ist. Allerdings müssen sie drei Wochen später wieder etwas länger im Auto sitzen, um mich beim Challenge Walchsee vor Ort anzufeuern, wenn ich versuche, das Rennen in Österreich zum fünften Mal zu gewinnen.
Interview: Klaus Arendt
Fotos: Armin Schirmaier | tritime-magazin.de und Simplon