Vom Schwergewicht zum Ironman: Ich bin jetzt Sportler!

0751_096503Thomas Stephan nahm bis 2012 rund 150 Kilo ab. Im letzten Jahr schaffte er zum ersten Mal einen Ironman. In seiner Heimatstadt Frankfurt steht der Pfarrer am 05. Juli erneut an der Startlinie.

„Als Pfarrer mit Hells Bells von ACDC ins Wasser zu steigen – das ist einfach nur geil“, erzählt Thomas Stephan. Bis vor wenigen Jahren war es für ihn unvorstellbar, jemals bei einem Ironman an der Startlinie zu stehen. Bis 2012 nahm der evangelische Pfarrer aus Frankfurt über 150 Kilogramm ab und startete im selben Jahr bei seinem ersten Marathon. 2013 folgte der erste Triathlon und 2014 der Ironman in Frankfurt. Und bei den Erinnerungen an das Rennen im vergangenen Jahr und die Musik vor dem Start gesteht er: „Da habe ich auch nochmal geflennt“. Für den 46-Jährigen war das ein im wahrsten Sinne des Wortes bewegender Moment, denn durch das Abnehmen hat er viele neue Möglichkeiten entdeckt, die er vorher nicht hatte. „Ich kann dankbar sein, dass ich das machen kann“.

2009-07-20 - Stand 02-2010 Feb 2Die Narben von seinen Hautoperationen werden bleiben, aber für ihn ist das in Ordnung, sie gehören zu seiner Lebensgeschichte. Auf die Frage, ob er nie etwas ändern wollte, wird er deutlich: „Niemand, der das erlebt hat, kann das nachvollziehen oder weiß, wie das war.“ Natürlich wusste er, wie er aussieht und das es so nicht weitergehen kann. Aber der Druck, der von außen aufgebaut wurde, löste genau die falsche Reaktion in ihm aus. „Diskriminierung gegen Dicke“, so sagt er, „sind schlimmer als wegen Hautfarbe oder Herkunft. Als Dicker ist man immer selbst dran Schuld und wird für dumm gehalten.“ Erst als eine Frau zu ihm sagte „Du musst wegen mir nicht abnehmen“, machte es bei ihm ‚Klick’ und löste den Diät-Marathon aus.

Die Erkenntnis Sportler zu sein
Eigentlich geht es auch eigentlich gar nicht mehr um die unglaubliche Geschichte, wie er 150 Kilogramm abnahm, sondern vielmehr darum, dass aus ihm ein richtiger Sportler geworden ist. Das macht ihn unfassbar stolz, und das kann er auch sein. Das Gefühl, nach dem Ironman keinen Triathlon mehr machen zu wollen, hatte er nie. Im Gegenteil: Während einem kürzeren Rennen wurde ihm bewusst: „Ich bin jetzt Sportler“, erzählt er mit einem Funkeln in den Augen und den Gedanken an diverse ‚Materialschlachten’ außerhalb des Ironman. „Triathlon ist jetzt mein Hobby. Ich mache das einfach, weil ich Spaß daran habe.“ Und für alle Skeptiker, die ihn fragen, warum er sich so etwas antut, hat er nur eine Antwort: „Weil’s geil ist – und weil ich’s kann!“

Dabei gibt der Pfarrer mit seiner lockeren Art auch Anleitung zum Nachmachen: „Es ist egal, ob es der JP Morgan Lauf ist und ich ein paar Kilometer laufe oder einen Ironman schaffen will. Wichtig ist, überhaupt das Ziel anzugehen. Schaffen kann man das“, betont der Mittvierziger und stellt dabei einen amüsanten Vergleich auf. „Wir müssen sein wie Kolumbus: Der probiert es einfach aus und schaut was kommt. Nicht wie Homer Simpson, der gar nicht erst anfängt.“

„Mutter, ich habe mich wieder angemeldet“
Auch wenn der Ironman 2014 in der zweiten Marathonhälfte für ihn zur Qual wurde, entschädigt wurde Thomas durch den Weg ins Ziel. „Das ist das größte, was ein Mitteleuropäer erleben kann“, erzählt er begeistert und steckt einen förmlich mit seiner frohen Art an. Klar war, dass er auch 2015 wieder an den Start gehen will. „Meine Mutter rief an und sagte ‚Bubb, das machste jetzt nicht noch einmal oder?’. Aber ich musste sie enttäuschen, ich war bereits wieder angemeldet.“ Aber natürlich stehen auch in diesem Jahr seine Eltern zu hundert Prozent hinter ihm.

Der Einteiler für den Start am Sonntag liegt schon bereit. Bedruckt mit dem Slogan „I swim, bike and run for fun – Refugees don’t“, um auf die ‚Churches’ Commission for Migrants in Europe’ (CCME) aufmerksam zu machen. „Wir machen das alles aus Spaß, Flüchtlinge laufen und schwimmen täglich um ihr Leben. Für das Rennen selbst, hat sich der Frankfurter ansonsten nicht viel vorgenommen, auch wenn er insgeheim darauf hofft, seine Zeit des vergangenen Jahrs zu unterbieten. „Als Erstes will ich ankommen“, sagt er realistisch, „aber ich weiß nicht, ob meine Ferse mitmacht. Das Wichtigste sei trotzdem, an die Startlinie zu gehen. „Ich laufe einfach soweit, wie mich meine Füße tragen.“ Nächstes Jahr will er vielleicht in Roth starten, viele Bekannte haben ihm schon davon erzählt. Er sucht sich seine Wettkämpfe nach dem Spaßfaktor aus. Guckt, welche Wettkämpfe es gibt und so ist er bereits im vergangenen Jahr beim Marathon in Florenz gelandet. Aber eins ist klar: Frankfurt ist seine Heimat und immer etwas Besonderes – und wird das auch bleiben.

Die tritime-Redaktion wünscht Thomas und allen anderen Startern viel Erfolg! Wer mehr über das Projekt der CCME erfahren will, kann sich online informieren.

Text: Ann-Kathrin Ernst
Fotos: FinisherPix.com und Privat