
In den letzten Tagen bestimmten die hohen Temperaturen und die möglichen Auswirkungen auf Teilnehmer und Zuschauer die Schlagzeilen der lokalen Medien. Die tritime-online-Redaktion traf sich zu dieser Thematik mit Thomas Dieckhoff, CEO Ironman Europe, Middle East and Africa.
Die Wettervorhersage verspricht für das bevorstehende Wochenende Saharatemperaturen. Daniela Ryf sprach in der Pressekonferenz am Donnerstag von einem „Suffer-Fest“, und in der örtlichen Presse wurde sogar schon über einen möglichen Rennabbruch durch das Gesundheitsamt spekuliert, wenn zu viele erschöpfte Athleten den Sanitätsdienst aufsuchen! Welche besonderen Vorkehrungen haben Sie getroffen, damit so etwas nicht passiert?
Es wird in der Tat ein heißes Rennen, nicht nur in Bezug auf den sportlichen Wettkampf an der Spitze, sondern auch in Bezug auf die klimatischen Rahmenbedingungen. Nun ist das nicht Neues für uns. Wir veranstalten an vielen Orten auf der Welt Rennen mit ähnlichen, teilweise sogar mit noch schwierigen Bedingungen in Verbindung mit hoher Luftfeuchtigkeit und starken Winden, wie beispielsweise in Kona. Insofern wissen wir auch damit umzugehen. Speziell in Frankfurt bringen wir 14 Tonnen Eis an die Strecke, an den Verpflegungsstellen gibt es kühlendes frisches kaltes Wasser aus Hydranten. Zusätzlich haben wir die Salzvorräte erhöht. In unseren Briefings und einer separaten Rundmail an alle Athleten haben wir die Teilnehmer darauf hingewiesen, wie wichtig es ist, sich das Rennen gut einzuteilen, sich Zeit für die Kühlung und die Versorgung mit Nahrung und Getränken zu nehmen.
Ich erinnere mich noch gut daran, als Jan Frodeno im vergangenen Jahr in Kona die Verpflegungsstelle am Ende der Palani Road vom ersten bis zum letzten Tisch abgegangen ist, um seinen erhitzten Körper mit Eis und Wasser abzukühlen und sich zu versorgen. Wenn einer der Topathleten sich Zeit für so etwas nimmt, sollte dies auch ein „Fingerzeig“ an die Age Gruper sein, sich ebenso zu verhalten.
Darüber hinaus haben wir die Anzahl der Sanitäter auf der Laufstrecke um weitere 100 Einsatzkräfte auf insgesamt 350 erhöht, sodass quasi jedem siebten Athlet ein Sanitäter zur Seite steht. Ebenso haben wir die Bettenkapazitäten in den Sanitätszelten aufgestockt, sodass wir – gepaart mit der Vernunft der Athleten – diese besondere Situation gut in den Griff bekommen sollten. Und auch hinsichtlich der Zuschauer haben wir uns mit der Stadt Frankfurt am Main unterhalten. Es kann sein, dass am Sonntag mehrere Feuerwehrautos für Abkühlung sorgen.
Gibt es WTC-interne Statistiken hinsichtlich der DNF-Rate bei solchen Bedingungen?
Im Vergleich zu einer normalen DNF-Quote von durchschnittlich neun Prozent erhöht sich diese um sieben Prozentpunkte! In Klagenfurt beispielsweise mussten vor einigen Jahren unter ähnlichen Bedingungen lediglich vierzehn Athleten in das Krankenhaus eingeliefert werden, sie konnten das Spital am Abend jedoch schon wieder verlassen. Und in Zürich verhielten sich die Athleten bereits beim Radfahren sehr verhalten. Dies zeigt, dass Triathleten sich sehr wohl intensiv mit diesem Thema im Vorfeld auseinandersetzen und nicht blauäugig in ein Hitzerennen gehen. Die Hoffnung auf eine neue Bestzeit darf zwar jeder haben, realistisch ist es unter diesen Bedingungen definitiv nicht. Und von daher kann ich – wie in den Wettkampfbesprechungen, bei der Pasta-Party und in den Newslettern mit umfassenden Informationen geschehen – nochmals an die Vernunft der Starter appellieren, sich die Kräfte gut einzuteilen. Wir werden auch am Sonntagmorgen vor dem Schwimmen, für das wir für alle Athleten ein Neoprenverbot ausgesprochen haben, nochmals extra auf die besonderen klimatischen Bedingungen hinweisen.
In der Pressekonferenz tippten die Profis in einer vom Moderator Till Schenk angezettelten Wette auf den Sieger des jeweils anderen Geschlechts. Auf wen würden Sie den Wettbetrag von 5 Euro einsetzen?
Ich wette grundsätzlich nicht! Und das sage ich jetzt nicht, um mich vor einer Aussage zu drücken, sondern deshalb, weil gerade bei solchen Bedingungen sehr viel von der Tagesform abhängt. Da können Kleinigkeiten bereits den Ausschlag geben. Jemand, der in Topform ins Rennen geht, überdreht einmal für einen ganz kurzen Moment und fünf Kilometer vor dem Ziel sind sämtliche Körner verbraucht.
Von der Papierform her bewegen sich alle drei Topfavoriten – sowohl bei den Damen als auch bei den Herren – auf dem gleichen Niveau. Frederik Van Lierde lieferte beispielsweise in Südafrika ein sensationelles Rennen ab, das war schon sehr beeindruckend. Außerdem legt er in diesem Jahr eine Lockerheit an den Tag, die ich bei ihm in den vergangenen Jahren vermisst habe. Frederik hat sehr an Souveranität gewonnen, sodass er für mich – auch in Kona – zu den ganz großen Favoriten gehört. Jan Frodeno ist einfach mal fällig. Wenn er sich mit seinem Material „gut versteht“, dann ist er mit Sicherheit ganz vorne dabei. Sebastian Kienle ist ein Gemütsmensch, da hängt sehr viel von den Emotionen im Rennen ab. Wenn diese positiv sind, dann geht der Sieg definitiv über ihn.
Und wer ist Ihr ganz persönliches „dark horse“?
Bei den Damen habe ich jetzt eher weniger eine bestimmte Person auf dem Radar, bei den Herren ist es Andi Böcherer! Andi hat in den letzten Rennen sehr stark auf sich aufmerksam gemacht. In St. Pölten durfte ich seinen Radpart auf dem Motorrad live miterleben. Das war schon sehr beeindruckend, welche Leistung er auf dem dortigen Kurs abgerufen hat. Und beim Laufen ging es dann so weiter. Also, he is back, und wir dürfen gespannt sein, wie er sich am Sonntag schlägt. Und „neue“ deutsche Gesichter ganz weit vorne tun dem deutschen Triathlonsport sicherlich gut.
Interview und Foto: Klaus Arendt