Andi Böcherer: Rang 4 wäre ein Traum

Andi Böcherer konnte seit Mai u.a. die 70.3 Ironman-Rennen in Aix-en-Provence und St. Pölten sowie die Challenge Heilbronn gewinnen. In Frankfurt bestreitet er die erste Langdistanz nach seiner Verletzungspause.

Welche Erinnerungen hast Du an Deine früheren Starts in Frankfurt, was ist das Besondere an dem Rennen in der Mainmetropole?
Ich habe nur positive Erinnerungen an Frankfurt. Ich bin hier 2008 Siebter und 2013 Fünfter geworden. Beides waren gute Rennen für mich, bei denen ich meine Leistungsfähigkeit voll abrufen konnte. Besonders mag ich die abwechslungsreiche Laufstrecke direkt in der Stadt mit ihren vier Runden und den Brücken. Ich glaube, sie liegt mir auch – das hoffe ich zumindest am Sonntag.

Wer sind die großen Favoriten auf den Sieg im Rennen der Damen/Herren?
Bei den Damen heißt für mich die klare Favoritin Daniela Ryf, aber auch sie muss erst 226 Kilometer hintersichbringen. Bei den Herren ist es schwierig. Eigentlich möchte ich mich gar nicht festlegen, aber das Schwimmen ohne Neopren könnte auf jeden Fall dem Sebi in die Karten spielen. Ich denke, dass die drei Erstplatzierten von 2014 – Sebastian Kienle, Frederik van Lierde und Jan Frodeno – auch dieses Jahr das Rennen unter sich ausmachen werden.

Und wie schätzt Du Deine realistischen Chancen ein?Andi Boecherer
In erster Linie möchte ich ein flüssiges Rennen machen, ohne große Fehler und Pausen. Ein Traum wäre – auch wenn sich das jetzt komisch anhört – auf Platz vier auf dem Römer einzulaufen. Es wäre super, der Schnellste hinter den Top-Favoriten zu sein und würde auch gleichzeitig die Hawaii-Quali bedeuten. Mit Andi Raelert oder Eneko Llanos sind allerdings noch weitere Top-Profis am Start und außerdem heißt es bei der Hitze, cool bleiben, aufpassen und auf eine Chance warten.

Ist Dein Trainer Lubos und Deine Familie in Frankfurt mit vor Ort? Welche Bedeutung hat dies für Dich im Rennen selbst?
Ja, Lubos und meine Familie sind an der Strecke. Das ist für mich mental sehr wichtig. Wir sind ein eingespieltes Team und haben schon viele Schlachten geschlagen, da muss ich nichts mehr erklären und ich kann mich voll und ganz auf die Infos von außen, die sie mir geben werden, verlassen.

Spielt dein schwerer Radunfall von 2014 in Deinem Unterbewusstsein noch eine Rolle oder hast Du ihn mittlerweile komplett ausgeblendet?
Primär spielt der Radunfall keine Rolle mehr. Sprich, ich denke nicht mehr jeden Tag an ihn. Aber er hat mein Leben entscheidend beeinflusst. Ich bin insgesamt ruhiger und vorsichtiger geworden. Ich mache mich vor Rennen nicht mehr verrückt. Triathlon ist geil und wenn ich im Rennen bin, bin ich Feuer und Flamme, aber mein Leben hängt nicht (mehr) von einer guten Platzierung ab. Meine Einstellung hat sich definitiv verschoben, ich bin durch den Unfall reifer geworden. Im Winter, als ich ganz langsam wieder angefangen habe, mit minimalen Umfängen zu trainieren, war mein Traum, noch einmal den Ironman Frankfurt zu finishen. Alleine, dass ich es geschafft habe, am Sonntag an der Startlinie zu stehen, macht mich ziemlich glücklich. Die letzten Rennen waren ein riesen Erfolg für mich. Alles, was jetzt kommt, ist eine Zugabe. Klar, träume ich schon von Hawaii, aber ich habe erst im Mai angefangen Punkte zu sammeln, sodass die Meßlatte hoch liegt.

Wie sind die Reaktionen auf Deine bisherigen Erfolge?
Vor allem nach meinem ersten Sieg in Südfrankreich haben sich sehr viele Leute gemeldet, mir gratuliert und geschrieben, dass sie sich über mein Comeback sehr freuen. Das hat mich sehr berührt. Auch Sebastian Kienle, mit dem ich die ganze Zeit in Kontakt stand, hat mir eine SMS geschickt – obwohl er genau zu diesem Zeitpunkt krank das 70.3-Rennen in St. Georg absagen musste. Er hat geschrieben: „Willkommen Zuhause“ … das hat eigentlich alles gesagt und mir sehr viel bedeutet.

Interview und Foto: Meike Maurer