Yvonne van Vlerken: Ich habe meine Hausaufgaben gemacht!

Mit 8.595 Punkten beendete Yvonne van Vlerken den siebten Platz im diesjährigen Kona Ranking. Im Gespräch mit der www.tritime-magazin.de-Redaktion sprach die Wahl-Österreicherin über eine trotzdem sehr schwierige Saison.

Yvonne, welches Rennen im Rahmen Deiner Qualifikation lässt Dir im Vorfeld auf die World Championship noch einmal das Adrenalin in die Adern schießen?
Mit dem sehr guten Ergebnis aus dem letzten Jahr im Rücken sicherte ich mir beim Ironman Florida drei Wochen später bereits das Kona-Ticket. Im Sunshine State war ich sehr motiviert und bestritt dort eines meiner besten Rennen meiner Karriere. Ich hoffe, dass ich am kommenden Samstag einen vergleichbaren Tag erwische.

Wie bereitest Du Dich auf die Hitze vor?
Mein Körper funktioniert bei Hitze meist sehr gut, vor allem bei feuchter Wärme. Leider war der mitteleuropäische Sommer in diesem Jahr diesbezüglich eher suboptimal, aber die zweieinhalb Wochen hier in Kona sollten reichen.

Wie sehr belastet Dich der Jetlag und wie viele Tage benötigst Du, bis Du richtig im normalen Tagesablauf bist?
Ich hatte keinen Jetlag! Bei meiner Anreise kam ich abends an, war am anderen Morgen um 7 Uhr auf dem Rad und absolvierte einen ganz normalen Trainingstag von sechs Stunden. Lediglich bei Flügen nach Osten kämpfe ich zwei bis drei Tage mit der Zeitumstellung.

Wohnst Du in einem Appartement/Haus mit Küche und Selbstverpflegung oder im Hotel?
Wie in den vergangenen Jahre bewohne ich im selben Stadtviertel das gleiche Appartement.

Deine Trainerin Siri Lindley ist mit vor Ort? Welche Bedeutung hat dies für Dich im Vorfeld und im Rennen selbst?
Siri sorgt in den letzten Tagen für das richtige Finetuning, ihre positive Energie ist zudem ansteckend. Im Rennen selbst muss ich schauen, dass ich nach vorne komme. All Ihre Mädels sind schnell und kämpfen um die Krone. Wenn ich Siri also an der Strecke sehen möchte – und das ist viel wert – muss ich schon mächtig Gas geben. Ich möchte nicht nur für mich, sondern auch für meine Trainerin natürlich mein Allerbestes geben.

Wirst Du auf Deiner Reise nach Hawaii von Freunden und Deiner Familie begleitet? Welche Rolle nehmen sie dort ein?
Da brauche ich nur eine Person, und das ist mein Freund Per Bittner. Unmittelbar nach seinem achten Platz beim Ironman Chattanooga reiste er nach Big Island, um mich bei meinen letzten Vorbereitungseinheiten zu begleiten. Er hilft mir, wo er kann, und mehr brauche ich nicht. Meine Familie war auch schon in Kona dabei, aber ich bevorzuge es, wenn sie bei den A-Rennen nicht vor Ort sind. So kann ich mich zu 100 Prozent auf mich konzentrieren. Es ist aber gut zu wissen, dass Sie zuhause mitfiebern.

Wie viele Tage vor dem Rennen hast Du mit dem Tapering begonnen?
Siri macht ein kurzes Tapering, sagen wir mal eine Woche. Das funktioniert bei Frauen perfekt, Männer brauchen meiner Meinung jedoch länger. Allerdings werde ich Ihre „Geheimnisse“ nicht offen legen.

Und wie sehen Deine letzten Schwimm-, Rad- und Laufeinheiten aus?
Ich mag es sehr gerne, bis kurz vor dem Rennen noch ordentlich zu trainieren. In der letzten Woche werden meine Schwimmeinheiten jeden Tag etwas kürzer. Die letzte harte Laufeinheit ist eine Woche vor dem Rennen und beim Radfahren versuche ich immer, am letzten Tag vor dem Rennen, noch einmal Gas zu geben. Mehr wird aber nicht verraten, da versteht Siri sicherlich keinen Spaß!

Wie schätzt Du Deine realistischen Chancen ein?
2014 ist leider gänzlich anders gelaufen als geplant. Nach meinem vierten Platz in Kona und meinem zweiten Sieg in Florida war für dieses Jahr mein erklärtes Ziel eine Top-3-Platzierung auf Hawaii. Doch dann kam der Unfall mit dem zertrümmerten Schlüsselbein. Nach einer durchwachsenen Saison mit unendlichen Schmerzen hoffe ich jetzt, auf die Top-10. Nach dem Schwimmen werde ich einen großen Rückstand aufholen müssen, und leider fahren die Mädeln in der Spitze immer mehr zusammen. Da wird es schwierig, sich vorzuarbeiten. Allerdings ist meine Form gut. Ich habe den Großteil meiner Hausaufgaben gemacht, allerdings bin ich auch realistisch.

Wer sind die großen Favoriten auf den Sieg im Rennen derDamen?
Mirinda Carfrae, Rachel Joyce, Leanda Cave, Daniela Ryf und Liz Blatchford.

Und wie könnte aus Deiner Sicht das Podium bei den Herren und Damen aussehen?
Da möchte ich mich lieber nicht festlegen. Die Leistungsdichte wird sowohl bei den Damen als auch bei den Herren von Jahr zu Jahr immer enger.

Worauf wirst Du in der Rennwoche ernährungstechnisch besonders achten?
Viel trinken und ich werde – ganz im Gegensatz zu sonst – das Essen gut salzen.

Du bist eine sehr erfahrene Profiathletin, welchen Ratschlag gibst Du den Kona-Rookies?
Nichts anderes machen als sonst auch. Nicht in die Sonne liegen und Vertrauen in die eigene Leistung haben. Weniger Training ist jetzt mehr, und bitte keine zusätzlichen Einheiten einplanen! Stattdessen lieber ein gutes Buch lesen!

Womit verbringst Du in Kona die trainingsfreie Zeit? Wie entspannst Du Dich?
Lesen und schlafen!

Auf was musstest Du in den letzten Wochen am meisten verzichten?
Auf nichts!

Worauf freust Du Dich nach dem Rennen am meisten?
Auf den Kuss von Per im Ziel!

Und wie verbringst du die Zeit nach dem Rennen?
Einfach mal faul sein, aber wer mich besser kennt, weiss, das ich häufig die gleichen Rennen bestreite. Ein dritter Sieg beim Ironman Florida würde mir schon gut gefallen. Nach einer Woche Pause, in der ich lediglich jeden Tag etwas schwimmen werde, beginnt auch schon wieder der Trainingsalltag.

10 Stichworte – 10 spontane Reaktionen
Was fällt Dir spontan zu folgenden Begriffen ein?

Ali’i Drive: Da tut es noch nicht weh!
Palani Road: Da geht es fürchterlich steil bergauf, aber auch steil hinab, und dann hat man es fast geschafft.
Energy Lab: Heiß.
Mumuku: Mein Freund.
Underpants Run: Hebe ich mir für meine Ruhestand auf.
Mauna Kea: Schön.
Kona Coffee: Ich trinke keinen Kaffee.
Island Lava Java: Zu viele Leute.
ABC-Store: Kalt.
LuLu’s: Party, aber ohne mich.

Fotos: Klaus Arendt