Mit 4.075 Punkten qualifizierte sich Christian Brader auf dem letzten Drücker für die diesjährigen Ironman World Championship in Kona. Im Gespräch mit der www.tritime-magazin.de-Redaktion gibt er einen Einblick in seine unmittelbare Rennvorbereitung.
Christian, an welches Rennen im Rahmen Deiner Qualifikation für die World Championship erinnerst Du Dich besonders?
Eigentlich waren alle drei Ironman-Rennen besonders. Sicherlich ist der Ironman Lanzarote – wenn es um das Adrenalin in meinen Adern geht – hervorzuheben. Beim Radfahren hatte ich eigentlich schon alles abgehakt und wollte meine Profikarriere bereits an den Nagel hängen. Die Form war vorher so gut, im Rennen selbst wollte dann aber auch gar nichts zusammenlaufen. In die Laufschuhe wechselte ich in aussichtsloser Position: ungefähr Rang 50! Trotzdem legte ich alles in den Marathon und lief – auch für mich sehr überraschend – an diesem denkwürdigen Tag noch bis auf den sechsten Platz vor.
Wie bereitest Du Dich auf die Hitze vor?
Hitze bereitet man am besten mit Hitze vor. Aus diesem Grund wähle ich immer gezielt einen Trainingsstandort mit einer grossen Hitzewahrscheinlichkeit aus, in der ich dann mindestens 2-3 Wochen trainiere, um mich entsprechend anzupassen. In diesem Jahr fiel die Wahl auf Clermont in Florida, auch weil sich mein Coach Wolfram Bott dort schon früh mit Nils Frommhold eingebucht hatte. Mit den Raelert Brüdern, Nils Frommhold, Boris Stein und meiner Wenigkeit hatten wir eine starke Trainingsgruppe.
Und wie sehr belastet Dich die Zeitumstellung?
In Richtung Westen eigentlich gar nicht. Das zurückdrehen der Uhr kommt mir eher entgegen, da man früh müde wird, gut schläft und am anderen Morgen auch leichter aus den Federn kommt.
Wohnst Du in einem Appartement oder im Hotel?
Ich bin in der glücklichen Lage, einen tollen Homestay zu haben!
Welche Bedeutung hat es für Dich im Vorfeld und im Rennen, dass Dein Trainer Wolfram Bott vor Ort ist?
Es gibt mir ein gutes und sicheres Gefühl! Für mich war es allerdings viel wichtiger, dass er im Trainingslager mit dabei war, wir jeden Tag die Einheiten besprechen konnten und das Training der Tagesform und den Bedingungen angepasst haben.
Wirst Du auf Deiner Reise nach Hawaii von Freunden und Deiner Familie begleitet? Welche Rolle nehmen sie dort ein?
Kurzfristig hat sich ergeben, dass meine Freundin drei Tage vor dem Rennen einfliegt. Darauf freue ich mich jetzt umso mehr, da es total unerwartet war. Es gibt mir ein unheimlich gutes Gefühl, sie letztendlich dabei zu haben. Sie weiss ganz genau, wie sie mich im Rennen zu motivieren hat.
Wie viele Tage vor dem Rennen hast Du Umfänge und Intensitäten reduziert?
Die Umfänge gingen zwei Wochen vor dem Start merklich zurück, auch wenn 10-11 Tage vorher noch einmal einige intensive und längere Einheiten anstanden. Das Wichtigste in dieser Zeit ist, mit dem nötigen Fingerspitzengefühl vorzugehen. Hier muss man vor allem auf den eigenen Körper hören und spüren, was jetzt noch gut tut beziehungsweise nicht mehr nötig ist.
Wie sehen vor dem Wettkampf Deine letzten Schwimm-, Rad- und Laufeinheiten aus und wann machst Du die?
Die letzten Einheiten passieren einen Tag vor dem Rennen: 1-2 Kilometer easy schwimmen, circa 30 Kilometer locker rollen, davon rund fünf Minuten im Renntempo und zum Abschluss noch einmal 4-6 Kilometer ganz locker laufen.
Wie schätzt Du Deine realistischen Chancen ein?
Realistisch ist einiges. Es gibt in Kona so viele Faktoren, die das Ergebnis beeinflussen können. Insofern ist es immer schwer, eine Selbsteinschätzung zu geben. Am Ende kommt es dann aber doch einzig und allein auf die eigene Leistung an. Ich glaube in einer Verfassung zu sein, die die Top-10 realistisch erscheinen lässt. Die Kunst wird es sein, am Renntag die vollen 100 Prozent auch abzurufen. Wenn mir das gelingt, stehen die Chancen gar nicht so schlecht.
Wer sind die großen Favoriten auf den Sieg im Rennen der Herren?
Natürlich die üblichen Verdächtigen, plus zwei Hände voller unberechenbarer Dark Horses, die jederzeit einen raushauen könnten. Ich persönlich rechne mit einem Kienle, Raelert und Van Lierde. Auf dem Papier auf alle Fälle! Mich würde es aber nicht wundern, wenn am Ende da auch drei ganz andere Namen ganz vorne stehen, die vielleicht keiner auf der Rechnung hat.
Und bei den Damen?
Bei den Mädels könnte das ähnlich sein. Aufgrund ihrer enormen Radstärke traue ich der Schweizer Fraktion um Caroline Steffen und Daniela Ryf einiges zu, Mirinda Carfrae ist sicherlich die stärkste Läuferin im Feld, die in der Lage ist, auch einen großen Rückstand zuzulaufen. Es wird sicher spannend!
Worauf wirst Du in der Rennwoche ernährungstechnisch besonders achten?
Fünf Tage wenig Kohlenhydrate und viel Fett. In den beiden Tagen vor dem Rennen wird der Spieß umgedreht: dann nehme ich hauptsächlich Kohlenhydrate zu mir. Allerdings muss man daran nicht ersticken!
Womit verbringst Du in Kona die trainingsfreie Zeit?
Lesen, schlafen, Kaffee trinken und so wenig wie möglich unterwegs sein.
Auf was musstest Du in den letzten Wochen am meisten verzichten?
Auf meine Freundin!
Worauf freust Du Dich nach dem Rennen am meisten?
Auf ein paar entspannte Urlaubstage mit meiner Freundin.
Steht in 2014 noch ein später Wettkampf an, um frühzeitig Punkte für 2015 zu sammeln?
Das hängt ganz vom Ergebnis ab. Ich hoffe jedoch, ich kann entspannt in die Saisonpause gehen.
10 Stichworte – 10 spontane Reaktionen
Was fällt Dir spontan zu folgenden Begriffen ein?
Ali’i Drive: Schwüle, stehende Hitze.
Palani Road: Härter als man denkt.
Energy Lab: Gar nicht so hart wie man denkt oder einem erzählt wird.
Mumuku: Muss ich nicht haben.
Underpants Run: Nicht meine Welt.
Mauna Kea: Vulkan.
Kona Coffee: Auch nur Kaffee.
Island Lava Java: Gutes Frühstück, gute Shakes, aber zu viele Leute.
ABC-Store: Da kriegst du alles, von A bis Z!
LuLu’s: Ausweis nicht vergessen, auch wenn du 80 bist!
Fotos: Ralf Graner und Klaus Arendt