Am 27.09.2014 sind bei der Premiere des Ironman Mallorca 2.500 Athleten aus 50 Nationen am Start. Unter ihnen die Profi-Triathletin Natascha Schmitt aus Frankfurt. Die tritime-online-Redaktion traf sich mit der Diplom Sportwissenschaftlerin zu einem längeren Interview.
Natascha, „durch Wille entsteht der Weg“ ist ein Motto von Dir. Was verbindest Du damit?
Dieses umbeschreibt für mich, dass man alles erreichen kann, was man sich vornimmt, wenn man bereit ist, den entsprechenden Einsatz dafür zu leisten. Bislang habe ich immer alles geschafft, was ich mir irgendwann einmal vorgenommen habe. Ich bin immer meinen Weg gegangen, auch wenn er mal steinig war oder andere nur den Kopf geschüttelt haben. Das möchte ich auch in Zukunft so weiter machen.
Wie war „Dein Wille und Dein Weg“ im bisherigen Saisonverlauf?
Der Wille ein gutes Ergebnis beim Ironman Frankfurt zu erzielen, war von Beginn der Saison an riesig. Es ist kein Tag vergangen, an dem ich nicht an dieses Rennen gedacht habe. Man soll zwar fokussiert sein und sein Ziel immer vor Augen haben, aber im Nachhinein muss ich sagen, dass ich eventuell im Frühjahr zu viel wollte und zu viel trainiert habe, sodass ich danach meine Form nicht richtig zuspitzen konnte. In SUmme kann ich von einer soliden Saison sprechen. Es war kein richtig schlechtes Ergebnis dabei, aber leider auch kein richtig Gutes. Ich habe in keinem Rennen in allen Disziplinen meine Leistung aus dem Training abrufen können. Am zufriedensten war ich mit meiner zweiten Langdistanz in Frankfurt. Dort konnte ich meine vorher angestrebten Leistungen fast hundertprozentig umsetzen, nur der Marathon unter der 3-Stunden-Marke blieb mir verwehrt. Aber in einem Rennen hofft man ja nicht nur, seine Leistungen abzurufen, sondern auch seine Grenzen zu verschieben und über sich hinaus zu wachsen. Das ist mir leider bislang nicht gelungen. Nach Frankfurt ging es dann erstmal mit meiner Form hoch und runter. Da gab es Tage, da lief es richtig gut, doch 24 Stunden später hätte ich die Saison am liebsten vorzeitig beendet. Doch im letzten Trainingsblock vor Rügen und Mallorca konnte ich dann fast alle Einheiten wie geplant umsetzen und auf Rügen ein gutes Ergebnis erzielen. Dies gibt mir Zuversicht für mein letztes Rennen, den Ironman Mallorca.
Du bist beim 70.3 auf Rügen mit Laufbestzeit Vierte geworden. Wie war der Rennverlauf für Dich?
Als ich erfuhr, dass es ein Duathlon wird, dachte ich, es macht für mich keinen großen Unterschied, ob wir erst Laufen oder Schwimmen. Doch nach dem Rennen wäre ein Triathlon wohl für mich die bessere Wahl gewesen. Jedoch kann man am Wetter leider nichts ändern, sodass ich dennoch mit meinem Ergebnis zufrieden bin. Bei meiner Radausfahrt einen Tag vor dem Rennen hat es bereits stark geregnet und gewindet, da dachte ich mir „wenn das Morgen so ist, kann ich den Wettkampf vergessen.“ Leider herrschten am Renntag genau diese Bedingungen. Beim ersten Lauf fühlten sich meine Beine gar nicht gut an. Ich konnte das hohe Tempo von Yvonne, Laura und Maja leider nicht mitgehen, was mich schon ein wenig überraschte. Auf dem Rad lief es dann besser und ich konnte meine anvisierten Wattwerte übertreffen und den Schalter im Kopf umlegen, dass Radfahren bei diesem Wetter Spaß macht. Der abschließende Halbmarathon gab mir dann auch nochmal ein gutes Gefühl im Hinblick auf Mallorca. Ich erlebte keinen Einbruch, sodass ich das Tempo von Anfang bis Ende durchziehen konnte. In der gesamten Saison hatte ich versucht, die schnellste Laufzeit der Damen zu erzielen, ich war viele Male dicht dran, doch nie hat es geklappt. Doch in Rügen durfte ich mich dann über die deutlich schnellste Zeit und den vierten Rang freuen. Damit war ich sehr zufrieden, da ich meine Leistung zumindest in den beiden letzten Disziplinen abrufen konnte.
Du hast regnerisches Wetter auf Rügen erlebt und wirst aller Voraussicht auf Mallorca mit viel Sonne rechnen dürfen. Was nimmst Du Dir für Mallorca vor?
Da das Training nach Frankfurt nicht wie geplant lief und ich lange gebraucht habe, wieder in Form zu kommen, habe ich mir für den Ironman Mallorca kein bestimmtes Ziel gesetzt. Gerne würde ich an meine Leistung vom Ironman Frankfurt anknüpfen und unter die besten fünf Damen kommen. Wenn ich einen guten Tag erwische, werde ich versuchen mir meinem Traum vom ersten Podium in einem Langdistanzrennen zu erfüllen.
Wie wird Deine Renneinteilung aussehen?
Ich werde von Anfang an versuchen, mein Rennen zu machen und mich an meinen persönlichen Vorgaben zu orientieren. Im Schwimmen werde ich Vollgas geben, um mit möglichst viel Vorsprung auf die meisten meiner Konkurrentinnen auf die Radstrecke zu gehen. Auf den 180 Kilometern werde ich mich an meinen individuellen Wattwerten orientieren und versuchen diese möglichst lang aufrecht zu erhalten. Wenn die Beine nach 150 Kilometern noch gut sein sollten werde ich versuchen noch eine Schippe drauf zu legen. Beim abschließenden Marathon möchte ich kontrollierter anlaufen als in Frankfurt. Dadurch erhoffe ich mir, mein Tempo bis zum Ziel zu halten und noch möglichst viele Plätze gut machen zu können.
Was ist Dein persönlicher Tipp die vielen Altersklassenathleten, die mit Dir den Ironman Mallorca bestreiten werden?
Ich denke, dass uns am Renntag warme Temperaturen und viel Wind auf der Radstrecke erwarten werden. Hierfür würde ich mir erstmal den Wetterbericht genau anschauen, um zu wissen, wie stark der Wind voraussichtlich werden wird. Danach ist zu entscheiden, welches Vorderrad ich wähle. Zudem empfehle ich alle Verpflegungsstellen mitzunehmen und auf der Strecke viel Flüssigkeit zu sich zu nehmen. Zudem sollte man die Salzzufuhr nicht ausser Acht lassen. Bei einer Langdistanz und vor allem bei heißen Temperaturen kommt der Ernährung ein großer Stellenwert zu. Ich rate meinen Athleten immer einen groben Ernährungsplan aufzustellen, sodass sie ganz genau wissen, wann sie was zu sich nehmen sollen. Ich nehme beispielsweise auf dem Rad alle 20 Minuten einen großen Schluck aus meiner Gelflasche. Bei dieser Radstrecke ist es ratsam, nicht alle Körner auf der ersten Hälfte zu verschiessen, da nach 120 Kilometern der lange Anstieg zum Kloster Luc kommen wird. Ich denke, dass sich hier die Spreu vom Weizen trennen und dort der Knackpunkt des Rennens liegen wird.
Zwei Wochen später finden auf Hawaii die Weltmeisterschaften statt. Wann sehen wir Dich am Start auf Hawaii?
Ich hatte bereits zweimal das Glück, die Ironman-WM auf Hawaii live zu erleben. Es ist schon eine einzigartige Stimmung in Kona. Da wird jeder vom Triathlonfieber gepackt, egal ob er schon vorher damit in Berührung kam oder nicht. Allerdings habe ich bei meinen beiden Aufenthalten auch gesehen, dass ich noch ein paar Rennen brauche, bis ich bereit für die Insel bin. Die Temperaturen sind sehr warm und der Wind ziemlich stark. Beides sind Aspekte, mit denen ich langsam versuchen muss, zurecht zu kommen. In diesem Jahr werde ich wieder live vor Ort sein. Doch in diesem Oktober werde ich mir die Wettkampfstrecken ganz genau anschauen beziehungsweise abfahren oder ablaufen, um zu wissen, wie es sich anfühlt und woran ich noch arbeiten muss. Mein Ziel ist es, in den nächsten ein bis drei Jahren die Qualifikation zu schaffen, um dann selbst an der Startlinie stehen zu können. Bevor ich jedoch als Athletin nach Kona reisen werde, möchte ich erst meine Bestzeit deutlich verbessern.
Wie bewertest Du den Qualifikationsmodus für die Weltmeisterschaften?
Ich finde den Modus zur Qualifikation für die Weltmeisterschaft überarbeitungsbedürftig. Als Athlet wird man gezwungen, sehr viele Rennen zu machen, um sich das Ticket für Kona zu sichern. Die meisten können dann bei der WM nicht mehr ihre beste Leistung zeigen, da sie aufgrund der vielen Wettkämpfe kaputt sind. Hinzukommt noch der enorme finanzielle Aufwand. Viele Athleten haben nicht das Glück, alle Wettkampfreisen bezahlt zu bekommen, sodass sie für alle Reisekosten selbst aufkommen müssen.
Was traust Du unseren Profi-Damen in Kona zu?
Ich glaube, dass es unsere Frauen in diesem starken Feld schwer haben werden. Die größten Chancen hat meiner Meinung nach Julia Gajer. Wenn sie ihre Leistung abrufen kann und das Glück auf ihrer Seite ist, traue ich ihr eine Platzierung Richtung Top-Ten zu.
Abschließende Frage zu einem viel diskutierten Thema: Soll ein Athlet einen Laktatstufentest durchführen oder eine Spiroergometrie? Wie ist Deine Meinung zu diesem Thema? Und wie ist Deine „persönliche Einstellung“ zum Test mit der Gesichtsmaske?
Bei einer Spiroergometrie werden mit Hilfe einer Maske die Atemgase während körperlicher Belastung gemessen. Dabei wird die Auswirkung von Herz, Kreislauf, Atmung und des Stoffwechsels, sowie die kardiopulmonale Leistungsfähigkeit untersucht. Beim Laktattest lassen sich mittels Laktat und Herzfrequenz die individuellen Trainingsbereiche festlegen. Das bedeutet, dass eine Spiroergometrie wesentlich mehr Parameter abdeckt und somit das Training noch besser steuerbar ist.
Ich empfehle die Spiroergometrie beim ersten Mal durchführen zu lassen, um auch die Auswirkung von Herz, Kreislauf, Atmung und Stoffwechsel überprüfen zu können. Durch diese Werte lassen sich eventuelle Vorerkrankungen erkennen und die Stärken und Schwächen der einzelnen Bereiche deutlich darstellen. Jedoch finde ich es nicht notwendig, bei jedem Test eine aufwendige Spiroergometrie durchführen zu lassen, da mir als Trainer dann auch einfach die neuen Trainingsbereiche reichen, um das Training weiter steuern zu können. Es sei denn, es liegen Vermutungen bezüglich einer Erkrankung oder großen Schwäche vor, zum Beispiel im Stoffwechsel. Dann würde ich auch hier nochmal eine Ergometrie durchführen lassen.
Ich persönlich mache meistens nur einen normalen Laktattest, da ich mich mit Maske oft eingeengt und nicht im Vollbesitz meiner Kräfte fühle und somit meine volle Leistung nicht abrufen kann. Allerdings quäle ich mich alle 1-2 Jahre auch einmal mit Maske durch den Test, um die Atemgase auch regelmäßig abzubilden und diese Daten für das Training verwenden zu können.
Natascha, herzlichen Dank für die Zeit, die Du Dir für unsere Leser genommen hast.
Das Interview führte Utz Brenner.