Faszination Faszien –
Training für das Bindegewebe

Von den Trainingswissenschaften bis hin zur Boulevardpresse, dem Thema  Faszien wird in den letzten Jahren viel Aufmerksamkeit geschenkt. Über Jahrzehnte hinweg wusste man nur wenig über diese Bindegewebsstrukturen.

Heute liefern neue technische Möglichkeiten und das Engagement von Faszien-Forschern rund um den Globus viele Erkenntnisse.

Diese „neuen“ Erkenntnisse kommen nicht nur in der Physiotherapie und Medizin, sondern auch in der Sportwissenschaft zum Einsatz.
Im trainingswissenschaftlichen Kontext spielen Faszien eine große Rolle für die Beweglichkeit, die Kraftübertragung, den Stoffwechsel sowie die Kommunikation mit dem Nervensystem. Auch hinsichtlich Verletzungen und Schmerzsymptome liefert das Fasziennetz Erklärungsansätze. Ein Beispiel: Schmerzen im unteren Rücken werden heute immer häufiger mit Problemen der Rückenfaszie assoziiert.
In dieser Übungsreihe für Triathleten von Katja Bartsch werden die verschiedenen Trainingsformen für fasziale Fitness vorgestellt.

Ergänzendes Training für mehr Leistungsfähigkeit
Da sich das fasziale Netz langsamer erneuert als zum Beispiel Muskelgewebe, erfordern langfristige Anpassungen im Bindegewebe ein dauerhaftes Training über mehrere Monate. Einige Techniken schaffen aber auch ein unmittelbares Gefühl von Entlastung und mehr Beweglichkeit. Faszientraining erhebt nicht den Anspruch, bekannte und etablierte Trainingsformen zu ersetzen. Vielmehr kann mit zwei bis drei Einheiten von zehn Minuten pro Woche eine sinnvolle Ergänzung zum bekannten Trainingsalltag geschaffen und so ein wichtiger Beitrag zu Leistungsfähigkeit und Regeneration geleistet werden.

1. Selbstmassage der Faszien
Mit Schaumstoffrollen und Bällen wird in einer Selbstmassage Druck auf die Faszien ausgeübt. Dadurch werden Flüssigkeitsaustausch und Stoffwechsel im Gewebe angeregt sowie die Regeneration gefördert. Durch den ausgeübten Druck sollen darüber hinaus Verspannungen und Verklebungen gelöst werden.
Vor einer sportlichen Belastung wird das Rollen nur kurz ausgeführt (ca. 30 bis 60 Sekunden pro Muskelgruppe), um das Gewebe zu aktivieren. Nach dem Training unterstützt langsames Rollen (ca. zehn sehr langsam ausgeführte Wiederholungen pro Muskelgruppe) die Regeneration und Beweglichkeit.
Grundsätzlich kann jede Körperregion mit der Rolle oder mit Bällen bearbeitet werden – einige Muskelgruppen zeigen wir in dieser Übungsreihe.

Die ersten Trainingseinheiten werden oft als sehr intensiv wahrgenommen – gleichzeitig beschreiben die meisten Athleten ein unmittelbar spürbares Entlastungsgefühl in der bearbeiteten Region. Ein stechender Schmerz sollte beim Rollen aber auf keinen Fall entstehen.

Unterschenkelvorderseite, Tibialis anterior:
Aus dem Vierfüßlerstand werden ein oder beide Unterschenkel auf der Rolle platziert. Innen- und Außenseite der Wade können so bearbeitet werden.

Oberschenkelvorderseite
Aus der Bauchlage wird die Oberschenkelvorderseite eines Beines entlang gerollt. Das andere Bein kann am Boden abgelegt oder zur Intensivierung über das bearbeitete Bein gelegt werden.

Hüftbeuger
In Bauchlage wird ein Schaumstoffball oder Tennisball in Höhe der Hüfte etwas über den Leisten untergelegt. Dort ein bis zwei Minuten mit kleinen Bewegungen die Hüftbeugemuskulatur lösen.

Oberschenkelrückseite
Aus dem Sitzen auf der Rolle wird die Oberschenkelrückseite gerollt. Das andere Bein kann auf dem Boden aufgestellt oder zur Intensivierung über das bearbeitete Bein gelegt werden.

Gesäßmuskulatur
Aus dem Sitzen auf der Rolle wird ein Bein über das andere geschlagen (z.B. links über rechts). Den Körper etwas in Richtung des übergeschlagenen Beines (im Beispiel nach links) drehen und über das Gesäß rollen.

Oberschenkelaußenseite, Tractus iliotibialis
Über die Oberschenkelaußenseite rollen, dabei das andere Bein abstellen oder zur Intensivierung über das bearbeitete Bein legen. Diese Übung wird von Läufern und Triathleten oft als besonders intensiv erlebt. Bei Beschwerden wie dem Läuferknie kann diese Übung maßgeblich zur Entlastung beitragen.

Unterer Rücken
Aus dem Sitzen auf der Rolle über den unteren Rücken rollen. Beim Rollen über die Wirbelsäule sollte darauf geachtet werden, dass kein stechender Schmerz in der Wirbelsäule wahrgenommen wird.

Brustkorb-Öffnung
Über den unteren Rücken wird weiter in Richtung oberer Rücken gerollt. Nach dem Rollen im Brustwirbelbereich können Schultern und Arme zur Seite öffnen. Der Kopf kann auf dem Boden oder auf einem Kissen abgelegt werden.

Unterarme
Beide Unterarme auf der Rolle ablegen und rollen. Es können sowohl die Innen- als auch die Außenseiten der Unterarme bearbeitet werden.

 

Brustmuskulatur
Mit einem Schaumstoffall oder Tennisball die Brustmuskulatur kurz unter dem Schlüsselbein mit kleinen rollenden Bewegungen bearbeiten.

Katja Bartsch stammt aus der Triathlonhochburg Roth und fand schon in ihrer Jugend Begeisterung für den Triathlonsport. Yoga und auch das Thema Faszientraining entdeckte Katja als perfekte Ergänzung zum Triathlonlangdistanztraining. Katja ist Yogalehrerin und darüber hinaus als Sportwissenschaftlerin an der Technischen Universität München und für das Professional Endurance Team tätig.


Quellen, weitere Informationen und Trainingstipps:

Schleip, Robert; Bayer, Joanna (2014): Faszien Fitness: Vital, elastisch, dynamisch in Alltag und Sport, riva Verlag München
Slomka, Gunda; Schleip, Robert; Freiwald, Jürgen (2014): Faszien in Bewegung, Meyer & Meyer Verlag, Aachen